Freitag, 22. Mai 2009

Werder vor schwierigem Umbruch

UEFA-Cup weg, Diego weg, Claudio Pizarro und DFB-Pokal vielleicht auch bald weg - Werder Bremen steht vor einer ungewissen Zukunft.

Zwar würde ein Sieg im zweiten Finale am Samstag in Berlin gegen Bayer Leverkusen für die verkorkste Saison und die Niederlage von Istanbul gegen Schachtjor Donezk entschädigen.

Aber mit Blick auf die neue Spielzeit stellen sich bei den Hanseaten viele bange Fragen: Wer kann Diego ersetzen? Bleibt ohne Champions League genug Geld für die dringend benötigte Blutauffrischung der Mannschaft? Und was wird aus den anderen Eckpfeilern?

Zahlreiche Baustellen

Das Endspiel von Istanbul hat einmal mehr deutlich gemacht, dass Werder einen Umbruch benötigt. Die Baustellen sind zahlreich.
Die Außenverteidigung ist auf hohem Niveau überfordert. Zentral fehlt ein Ersatzmann, der Naldo oder wie diesmal Per Mertesacker adäquat ersetzen kann.

Vor allem aber wurde im Mittelfeld der gesperrte Diego an allen Ecken und Enden vermisst, Ersatzmann Mesut Özil konnten den hohen Erwartungen zu keiner Zeit gerecht werden und stellte sich auch nach dem Spiel nicht der Situation, sondern schlich kommentarlos davon.

"Immer wenn Diego gefehlt hatte in dieser Saison, konnten wir das ausgleichen", meinte Sportdirektor Klaus Allofs.

"Aber wenn neben ihm auch noch Hugo Almeida passen muss und sich Per Mertesacker verletzt, ist das doch zuviel. Solche Spieler sind eben doch nicht beliebig ersetzbar."

Diegos Abschied steht fest - Ziel offen

Auf den wichtigsten aus diesem Trio wird Allofs aber in jedem Fall ab Sommer verzichten müssen. Diego gab vor dem Anpfiff seinen definitiven Abschied aus Bremen bekannt, ließ aber offen, ob auch der FC Bayern noch eine Chance hat.

"Ich weiß nicht, ob ich nach Italien gehen werde. Ich bin bekanntlich sehr nah dran an einem Wechsel zu Juve, aber entschieden ist noch nichts", sagte der Brasilianer. "Ich hoffe, dass ich in den nächsten Tagen mehr dazu sagen kann."

Erwartet wird in Kürze auch eine Entscheidung von Kapitän Frank Baumann, mit dessen Wechsel in den Werder-Trainerstab zur neuen Saison fest gerechnet wird.

Die abgelaufene Spielzeit hat dem 33-Jährigen offenbar verdeutlicht, dass er die besten Jahre als Profi hinter sich hat. Diesen Eindruck kann man auch von Torsten Frings gewinnen, wenngleich nicht ganz so stark wie bei Baumann.

Frings nicht mehr der Alte

Doch es wird immer unwahrscheinlicher, dass Frings noch mal eine ähnlich überragende Form wie rund um die WM 2006 erreichen wird. Vor allem die drei schweren Knieverletzungen in der vorletzten Saison wirken sich offenbar massiv aus.

In der für ihn so wichtigen Partie gegen Donezk ließ der 32-Jährige seinen Ankündigungen ("Wir werden uns zerreißen") auf dem Platz keine Taten folgen, sondern konnte ebenfalls keine Ordnung ins Spiel bringen.

Entsprechend geknickt war Frings nach seiner dritten großen Finalniederlage nach der WM 2002 und der EM 2008. Dem 79-fachen Nationalspieler war wohl bewusst, dass es sehr wahrscheinlich sein letztes Europacup-Endspiel gewesen sein dürfte.

"Das ist bitter", sagte er mit versteinerter Miene. "So oft bekommt man nicht die Chance, einen wichtigen Titel zu gewinnen. Ich bin enttäuscht und traurig."


Mindestens zwei Top-Leute nötig

Im zentralen Mittelfeld besteht also enormer Verstärkungsbedarf, mindestens zwei Top-Leute müssten für Diego und Baumann eigentlich geholt werden.

Zumal die aktuellen Ersatzleute Peter Niemeyer und Alexandros Tziolis gegen Donezk zeigten, dass sie im Moment nicht über eine Mitläuferrolle hinauskommen.

Ähnlich ist die Situation im Sturm hinter Alleinunterhalter Claudio Pizarro (17 Bundesligatreffer). Weder Hugo Almeida (neun Ligatreffer) noch Markus Rosenberg (sieben, davon nur zwei in der Rückrunde) und schon gar nicht Martin Harnik (0) konnten in dieser Saison dauerhaft überzeugen.

Pizarros Zukunft weiter offen

Und beim einzigen Torjäger Pizarro ist völlig unklar, ob er in Bremen bleibt bzw. bleiben will. "Leider weiß ich es noch nicht, weil Chelsea noch keinen neuen Trainer hat. So lange muss ich warten", sagte er.

Viel Arbeit also für Klaus Allofs, der diesmal auf dem Transfermarkt wieder eine bessere Nase beweisen muss als etwa bei Millionen-Flop Carlos Alberto.

Wenigstens bleibt Thomas Schaaf die große Bremer Konstante. Oder vielleicht doch nicht? Jedenfalls halten sich weiterhin hartnäckig die Gerüchte, dass sich Schaaf zumindest Gedanken über eine Luftveränderung nach zehn Jahren als Chefcoach macht.

Unwahrscheinlich, aber nach wie vor nicht ausgeschlossen ist die Variante VfL Wolfsburg. Dass der Tabellenführer über VW Kontakt zu Schaaf aufgenommen hat, gilt als sicher.

Schaaf: Kein Dementi zu Wolfsburg

Alles andere ist Schweigen. Schaaf weigert sich, die Gerüchte zu dementieren, "weil ich das noch nie gemacht habe", hält so aber die Spekulationen über seine Zukunft am Leben.

Zumal das Aufgabenfeld beim VfL passen würde: Gesicherte Champions-League-Teilnahme, eine Mannschaft mit Potenzial, weiter hohe Unterstützung durch Geldgeber VW, große Sympathien von Seiten der "Wölfe"-Fans und noch ruhigeres Arbeiten als in Bremen.

Und nun soll ausgerechnet Schaaf den Wolfsburgern am letzten Spieltag die Meisterschaft verpatzen. Andererseits muss er sich schon im Vorfeld gegen Vorwürfe erwehren, Werder würde die für den Tabellenzehnten bedeutungslose Partie nicht mehr ernst nehmen.

"Die Zeit ist knapp, aber wir werden schon etwas abliefern in Wolfsburg", sagte der Trainer.

"Wir müssen uns jetzt auf die Dinge konzentrieren, die uns noch bevorstehen. Zuerst am Samstag in Wolfsburg, dann in Berlin gegen Leverkusen."

Alles Weitere wird man danach sehen.

sport1.de

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